Frischer Wind fürs Ehebett

Es gibt einige Dinge in einer Ehe, die meiner Meinung nach maßlos überschätzt werden.
Dazu gehören Flitterwochen, Vor- und Nachspeisen, nicht zugedrehte Zahnpastatuben und Sex.

Neulich blätterte ich im Wartezimmer meines Hausarztes in einer von diesen „Gekrönte-Häupter-Zeitschriften“, in denen die Liebhaber von Prinzessin Stephanie chronologisch sortiert werden und die Bett- bzw. Teppichhäschen von Dieter Bohlen sich zu Wort melden. Zwischen diesen lebenswichtigen Informationen über die ehelichen und außerehelichen Affären unserer Berühmtheiten fand ich den folgenden Test:

„Wie sieht es in Ihrem Ehebett aus?“

Meinten die etwa mich?
Ich hatte mein Ehebett gestern frisch bezogen, aber warum um Himmels willen wollten die das wissen? Plötzlich kam mir der Gedanke, dass es um mehr gehen könnte als um die Farbe meiner Bettwäsche, und so las ich weiter.

Ihr Mann schenkt Ihnen ein sündhaft teures und aufreizendes Neglige.
A. Sie sinken ihm hingerissen und dankbar in die Arme.
B. Sie fragen sich, womit Sie dieses kostbare Teil verdient haben.

Mmh, ich würde mir überlegen, mit welchem meiner selbst gehäkelten Bettjäckchen ich den vermutlich zum Himmel schreienden Ausschnitt bedecken könnte.

Wie oft rufen Sie Ihren Mann im Büro an?
A. Mehrmals täglich, um ihm Liebeserklärungen ins Ohr zu hauchen.
B. Einmal täglich, um seiner Sekretärin zu zeigen, wie glücklich er doch verheiratet ist.

Ich glaube, ich habe meinen Mann zum letzten Mal angerufen, als unser Sohn gerade frisch geboren war. Das war vor dreiundzwanzig Jahren.

Sie möchten Ihren Mann nach allen Regeln der Kunst verführen.
A. Sie legen bei heißer Musik einen noch heißeren Striptease hin.
B. Sie empfangen ihn in gewagter Unterwäsche an der Haustüre.

Puh, ich schäme mich ja schon, wenn ich mit meinem Gobelin-Bademantel aus dem Bad
komme und die Katze meine Krampfadern sieht.

Wann haben Sie zuletzt im Bett die Initiative ergriffen?
A. Sie nehmen sich immer, was Sie brauchen.
B. Ein paar versteckte Andeutungen genügen, um ihn gefügig zu machen.

Als er vor einem halben Jahr mal auf meine Bettseite rollte, hauchte ich ihm zu:
„Wenn du was Warmes möchtest, dann geh doch zu McDonald`s.“

Frustriert legte ich die Zeitung beiseite und dachte über meine Ehe nach. Ich würde mir wohl was einfallen lassen müssen, um zu retten, was noch zu retten ist.
Aber was?


Zu Hause angekommen deckte ich den Abendbrottisch mit fünf Tellern, die zumindest in der Farbe zueinander passten.
Es fehlten nur noch Kerzen zu diesem festlichen Ambiente, das meiner Ehe den sexuellen Aufschwung garantieren würde. Die einzigen, die ich finden konnte, war die Mutter-Gottes-Kerze, die Oma aus Lourdes mitgebracht hatte, und ein Kerzenstümmelchen, mit dem unser Sohn seine Inliner gewachst hatte.
Mein Mann würdigte meine Mühe in seiner gewohnt feinfühligen Art und fragte:
„Was`n hier los? Hab ich was verpasst? Haben wir schon Weihnachten?“
„Lass den Blödsinn, mein Liebling, ich möchte dich heute eben mal verwöhnen.“
„Wieso nennst du mich „Liebling“? Das kannst du dir sparen, mein Portemonnaie ist in meiner linken Hosentasche, wie du weißt.“
Mein Gott, mit welch unromantischem Holzklotz bin ich da eigentlich verheiratet? Ich schmierte ihm ein Butterbrot, schnitt es in mundgerechte Häppchen und krönte es mit einem Essiggürkchen.
„Was möchtest du trinken? Tee, Kaffee oder lieber ein Bier?“
„Ein Bier“, knurrte er. Gönnerhaft schenkte ich ihm ein kühles Blondes ein und streichelte ihm kurz und zärtlich über die Wange.
„Brauchst du sonst noch etwas, mein Schatz?“
„Ja, vielleicht könntest du mir noch mein rosa Schlabberlätzchen umlegen.“
So wird es einem gedankt, wenn man mal nett sein will.
Allerdings hatte ich den letzten Joker ja noch nicht gezogen. Als wir Richtung Schlafzimmer gingen, fragte mein Göttergatte:
„Was riecht es hier so komisch? Wieso in aller Welt hast du Gästehandtücher über die Nachttischlampen gelegt?“
„Ich wollte halt ein bisschen Atmosphäre schaffen“, stotterte ich verlegen.
„Ich dachte, das...das könnte vielleicht erotisch sein.“
„Wenn es hier noch erotischer wird, falle ich gleich tot um.“
Und ich habe vor lauter frischem Wind im Ehebett morgen einen steifen Nacken!
Naja, wenigstens etwas, das in dieser Nacht noch...!

Am nächsten Morgen wachte ich auf und dachte:
Nach dreißig Jahren wirft man nicht so einfach die Flinte ins Korn.
Also komm, Mutter, lass dir was einfallen. Du hast nicht die ganzen Jahre mitgespielt, um kurz vor Toresschluss aufzugeben.
Ich griff zum Telefonhörer, wählte die Nummer meines Mannes und hauchte mit verruchter Stimme:
„Wann kommst du nach Hause, mein Bärchen?“
Die schiere Panik am anderen Ende der Leitung:
„Wieso, um Himmels willen? Ist was mit den Kindern?“
„Nein, aber ich warte auf dich“, flüsterte ich mit einem Timbre, das jede Telefonsexstimme in den Schatten gestellt hätte.
„Das tust du doch immer, tut mir Leid, ich hab hier gerade einen Kunden sitzen.“
Klack, und weg war er.
Ich versuchte, mich an den gestrigen Test zu erinnern.
Gewagte Unterwäsche!! Nun ja, die Zeiten, in denen der Inhalt noch schöner war als die Verpackung, waren definitiv vorbei. Selbst mit der Mogelverpackung schlechthin würde ich aussehen wie ein abgezogenes Kaninchen. Da war guter Rat sehr teuer.
Ich durchwühlte sämtliche Karnevalskisten nach der passenden Kostümierung und entdeckte ganz unten ein Teufelskostüm. Genau, das war´s! Welcher Mann wünscht sich nicht ein kleines Teufelchen im Bett?

Als ich diese schwarze Kostümierung übergezogen hatte, kam ich mir zwar ein wenig belämmert vor, aber der Liebe muss man halt Opfer bringen. Ich konnte nur hoffen, dass nicht gerade jetzt ein Staubsauger-Vertreter an der Tür klingelte.
Da hörte ich das Auto meines Mannes vorfahren.
Reichlich nervös, aber zu allen Schandtaten bereit, öffnete ich meinem Mann die Türe.
„Wie siehst du denn aus? Spielst du in der Schulaufführung unserer Tochter den Beelzebub?“
Schluchzend fiel ich ihm in die Arme.
„Ich wollte doch nur..., also, ich wollte doch nur unsere Ehe retten. Ich dachte, es wird Zeit, dass ich dich mal wieder auf meine weiblichen Vorzüge aufmerksam mache.“
“Als Satan verkleidet? Ich hab mich zu Tode erschrocken! Weißt du, mein Schatz, in einer weiß gestärkten Kittelschürze und wenn du am Herd stehst, sind mir deine weiblichen Vorzüge viel lieber. Ich finde sowieso, dass nichts in einer Ehe so maßlos überschätzt wird wie Sex.“