Für meinen geliebten Vater

                                                 Geb:  01.01.1928

                                                 Gest: 03.01.2010

 

 

                           „Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann,
                           ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken.“

 

 

Mein lieber Papa!

 

Im Augenblick weiß ich noch nicht, was ich zuerst tun soll, weinen oder lächeln.

Der Schmerz ist noch zu frisch.

Aber eines weiß ich ganz genau. Wenn es in diesem Leben jemanden gibt, dem ich ein Denkmal setzen wollte, dass wärest du das.

Du warst in deiner Güte, deiner Bescheidenheit, deinem Humor, deiner Geradlinigkeit und deiner inneren Stärke schon immer mein großes Vorbild.

Aber in den letzten Wochen vor deinem Tod hast du uns allen noch mal vor Augen geführt, was du für ein besonderer Mensch warst.

Du hast dein Leiden still getragen. Sicher, wenn die Schmerzen übermächtig wurden, dann haben wir das gemerkt. Du hast nie gejammert oder dein Schicksal beklagt, nein, du hast es hingenommen. So war es halt und man musste das Beste draus machen.

Den einzigen Anspruch, den du in letzter Zeit hattest, du wolltest nicht im Krankenhaus liegen, du wolltest zu Hause bei deinen Lieben sein.

Ich danke dem lieben Gott auf Knien, dass wir dir diesen Wunsch erfüllen konnten.

In letzter Zeit hat dein Körper dir nicht mehr gehorcht. Du konntest nichts mehr alleine. Nicht sitzen, nicht stehen, nicht essen.

Aber dein Geist war voll da.

 

Einmal nach einer schlimmen Schmerzattacke, habe ich dich gefragt: „Papa, würdest du lieber sterben wollen?“

Du lächeltest mich an und sagtest: „Nein, Kind, ich muss ja noch auf euch aufpassen.“

Ja, so warst du.

Fürsorglich und selbstlos bis zum Schluss.

Papa, du kannst dir nicht vorstellen, wie mich dieser Satz „Ich muss ja noch auf euch aufpassen“ gerührt hat. Mit einem Male sah ich dein ganzes Leben und dein ganzes Bestreben auf dieser Welt vor mir. Ja, ich hatte das Gefühl, du hast nur gelebt und gearbeitet, damit es Mama und uns Kindern und deinen Enkeln gut ging. Dafür bin ich dir unendlich dankbar.

 

Deine Bescheidenheit und Selbstlosigkeit hast du auch in einem Österreich-Urlaub mal bewiesen. Du hast vierzehn Tage lang nur "Würstel mit Saft" gegessen. Jeden Abend das gleiche. Es war das billigste Gericht auf der Speisekarte. Wir Kinder und Mama durften essen, wo immer wir Lust drauf hatten. Und dann hast du uns auch noch weisgemacht, dass es für dich nichts Leckereres gibt als Würstel mit Saft. Erst sehr viel später ist uns bewusst geworden, dass du deine eigenen Wünsche wieder mal zurückgestellt hast, nur damit es uns an nichts fehlte.

 

An eine andere Situation in deinen letzten Tagen erinnere ich mich.

Es ging dir nicht besonders gut. Mama, die sich Tag und Nacht rührend und liebevoll um dich gekümmert hat, fragte dich: „Leo, fellt dich jet? (Leo, fehlt dir was?)

Du hast dein unnachahmliches Grinsen aufgesetzt und hast mit Daumen und Zeigefinger das Zeichen für Geld gemacht.

Nicht, weil dir Geld wirklich fehlte, sondern weil du wusstest, du bringst uns damit zum Lachen.

Ja, auch so warst du.

Selbst in den Stunden, wo es dir schlecht ging, wo du selbst jede Erheiterung bitter nötig gehabt hättest, hast du deinen Humor nicht verloren.

Dafür hast du meine tiefste Bewunderung.

 

Es würde zu weit führen, wenn ich jede einzelne Begebenheit aufzählen würde, wo du mich und meine Kinder mit Worten, Taten und Werken unterstützt hast. Stillschweigend und ohne zu zögern.

 

Aber eines möchte ich noch sagen, Papa.

Auch wenn die Trauer im Moment noch riesengroß ist, du hast mir in deinen letzten Stunden so viel gegeben, wovon ich zehren werde, bis wir uns wiedersehen.

Meistens war dein Blick trübe und in die Ferne gerichtet. Nur manchmal hast du mich angeschaut und gelächelt.

Dieses Strahlen, das dann dein Gesicht erhellte, wird in meiner Erinnerung heller leuchten als der hellste Stern. So viel Nähe, Wärme, Erkennen und Liebe lagen in diesem Blick.

Du hast mir viel geschenkt in diesem Leben, aber dieses Lächeln war das schönste Geschenk, das ich von dir bekommen konnte.

Ich werde es in meinem Herzen tragen, bei allem was ich von nun an ohne dich tun werde.

 

Lieber Papa,

auch wenn ich froh bin, dass du keine Schmerzen mehr haben musst,

auch wenn ich weiß, dass du weiterhin auf dein Mädchen aufpasst,

auch wenn ich sicher bin, dass wir uns wiedersehen,

der Abschied tut dennoch unendlich weh.

 

Lass mich ein letztes Mal voller Demut und Ehrfurcht symbolisch den Hut vor dir ziehen.

Nicht nur ich, auch deine ganze Familie und der Rest der Welt hat einen ganz besonderen Menschen verloren.

Meine Liebe und meine Dankbarkeit sind dir gewiss,

bis in alle Ewigkeit.

 

Deine Gerda